Wasted German Youth.

"Guck mal, meine Neue", Fabian wedelt stolz mit seinem etwas älteren Modell eines Iphone's vor meiner Nase herum, ich halte seinen Arm abrupt an und betrachte das Bild genauer. Lange, braune Haare, super schlank, groß, um die zwanzig oder jünger. "Hübsch." Nur etwas zu alt für dich. "Ja na klar, was denkst du denn? Denkste ich nehm' irgendsoeinen Hässlon?", er lacht laut auf, so, als hätte ich den Witz des Jahrhunderts gerissen. Ich verziehe angewidert das Gesicht, "Oh mein Gott, wie oberflächlich." "Ach komm schon, Mel. Sei nicht so. Außerdem will ich die doch eh nur flachlegen, man. Willst mir ja wohl nicht erzählen, dass du beispielsweise einen perfekt durchtrainierten Typ nicht irgendeinem hässlichen Nerd vorziehen würdest?! Ich weiß doch, warum du mit Justin zusammen bist. Oder warst, was auch immer. Nur weil er so gut aussieht." Ich rücke ein Stückchen von ihm ab, "Das ist jetzt ein Scherz, oder?" "Nee", sagt er und lächelt dieses schmierige Lächeln, von dem er denkt, dass es ihm alle Türen öffnet. Doch dabei offenbart er mir nur eine Reihe schlecht geputzter Zähne, die mich unwillkürlich an das Lied Black and Yellow erinnern. "Du bist widerlich." Eine Feststellung. Wieso bin ich mit solch einer Person befreundet? "Ich könnte niemals ein hässliches Mädchen küssen, never", führt er seinen Monolog fort, ich betrachte ihn kopfschüttelnd von der Seite. Als ob es nur auf sowas ankommen würde. Was ist nur aus ihm geworden? So war er früher nie. Ich wünsche ihn mir in das Kindergarten-Grundschul-Alter zurück. In seinen Augen waren damals noch alle Mädchen gleich schön, das Wort schön hatte da noch eine ganz andere Bedeutung. Aber eigentlich hatte es auch gar keine. Schön ist relativ und schön war alles, was eben in den Tag oder in die Laune passte. Ein Mensch musste kein anziehendes Aussehen haben, um schön zu sein. "Und außerdem", fügt er noch hinzu, "Muss ich mich ja für die geilen Weiber aufheben. Sowas wie mich findet man halt nicht an jeder Ecke, mh?", er knufft mir zwinkernd in die Seite, ich verdrehe nur genervt die Augen. Einbildung ist auch 'ne Bildung. An Arroganz fehlt's ihm jedenfalls nicht, wurde ihm ja eine ordentliche Portion zugeteilt, dafür anscheinend umso mehr an Hirn gespart. Mit der Selbstwahrnehmung klappt's auch noch nicht so. Ich versuche gerade mit den Fingernägeln ein Fleck aus einer mir unbekannten Substanz aus meiner Lieblingsjeans zu kratzen, als Fabian mich ein wenig zu heftig mit dem Ellenbogen am Arm anstößt, ich zucke zusammen wie ein verschrecktes Tier. "Die da zum Beispiel", er zeigt viel zu deutlich mit dem Finger auf ein dickeres Mädchen aus meiner Parallelklasse, ich schlage mit der Faust seine Hand zur Seite, doch sie hat uns bereits bemerkt und betrachtet Fabian schmaläugig und schüchtern, "Würde ich definitiv niemals auch nur in Gedanken knallen. Für kein Geld der Welt." Elisa, so vermute ich ihren Namen, sieht augenblicklich betreten zu Boden und schleicht mit gesenktem Blick und roten Wangen gekränkt an uns vorbei. Fabian lacht nur ein unglaublich gehässiges Lachen, für das ich ihm am liebsten alle Zähne ausschlagen würde und wendet seinen Blick wieder mir zu. Ich schnelle, zu seiner Überraschung, abrupt nach oben und krame meine Sachen zusammen, würdige ihn keines Blickes. "Was is'n jetzt?", verwirrt streicht er sich durch die perfekt gestylten Haare. Mein Blick schlägt hasserfüllt auf seinen, ich hoffe er trifft ihn dort, wo's weh tut. "Du bist so ein Arschloch", rotze ich ihm entgegen und gehe. Wer sagt, was schön ist und was nicht? Wer hat bitte das Recht dazu, so zu urteilen, wer? Vielleicht hast du grade das Mädchen deiner Träume laufen lassen, Vollidiot. Vielleicht ist sie genau die, die dich perfekt ergänzt. Weil sie schön ist. Gerade weil sie nicht den heutigen Idealen entspricht, ist sie unheimlich schön. Hallo Generation Oberflächlich, schön dich kennenzulernen. Nicht.