Mit jedem Schritt weg von hier, alles entfärbt sich.

Es ist erstaunlich, wie viel Zeit ich habe, jetzt, wo ich sie nicht mehr mit dir verbringe. Gedankenfetzen, die sich zu nichts Konstantem zusammenfügen lassen, wirbeln mir wie Tornados durch den Kopf. Ich bahne mir einen Weg durch Gestrüpp und Blätter nahe der Verwesung, bis ich irgendwann gedankenverloren mit Niklas zusammenstoße. "Hey, Mel!", er lächelt mich einen Deut zu herzlich an, die Überraschung, mich hier, so kurz vor Pauls Haus, anzutreffen, wirkt viel zu aufgesetzt. Mein Blick bohrt scharf in seinen Gesichtszügen nach seinem Vorhaben, doch bevor ich einen Entschluss fassen kann, zieht er mich schon mit ins Haus. Ich werde herumgereicht wie ein Joint, viel zu herzliche Umarmungen folgen, als Lukas mit breitem Lächeln auf mich zugeht, durchschaue ich seine Miene sofort. "Na komm, was habt ihr angestellt?", ich kneife meine Augen zu einem verschmitzten Lächeln zusammen. Er hebt unschuldig die Hände, "Ich weiß nicht, was du meinst." Ich hebe eine Augenbraue nach oben, "Ich bin zwar dumm, aber nicht doof, Lukas." Er kommt auf mich zu und legt mir seine Hand auf den Rücken, schiebt mich langsam, aber bestimmt nach vorne, "Ich weiß, du wirst mich dafür umbringen, aber das ist mir egal." Fragend werfe ich einen Blick in die Runde, woraufhin jeder angestrengt einen Punkt an Decke oder Wand fixiert. Ich drehe mich wieder nach links und blicke direkt in zwei grün-blaue Augen mit leichtem Gelbstich, Augen, die ich besser kenne als die meinen, Augen, die ich über alles liebe. Panik überkommt mich und ich werfe einen hilflosen Blick zu Lukas, welcher mir aber nur entschuldigend entgegen lächelt. Ich sehe wieder dich an, doch dein Blick ist kalt gerade aus auf die Jungs gerichtet, "Was macht sie hier?" Dein Ton ist so abwertend, dass ich augenblicklich einen Schritt zurücktrete. "Mel ist immer hier, wenn 'ne Party steigt", meldet sich eine Stimme von hinten. Du siehst mich kurz scharf an, regelrecht hasserfüllt, dann wieder zurück in die Runde, "Ja, aber vorhin war noch nicht die Rede davon, dass sie heute kommt." "Was ist jetzt dein Problem?!" "Sie." Du kotzt die Worte regelrecht in den Flur. Die Tatsache, dass ihr von mir redet, als wäre ich gar nicht da, lässt die Wut in mir hochkochen. Du redest von mir, als wäre ich der letzte Mensch auf der Welt, mit dem du einen Raum teilen möchtest. "Das Problem dürfte sich gleich erledigt haben", fauche ich, "Ich bin nämlich gleich weg." Ich drängle mich an den Jungs vorbei zur Tür, reiße sie ohne Rücksicht auf Verluste auf. "Mel, bleib hier! Wo willst du denn jetzt hin?", Niklas und Lukas wollen sich mir in den Weg stellen, doch ich schlüpfe in einem Moment ihrer Unachtsamkeit, aus einer kleinen Lücke zwischen ihnen nach draußen. "Du rennst immer weg, wenns ernst wird", kotzt du mir hinterher. Ohne mich umzudrehen zeige ich meinen Mittelfinger in die Richtung, in der ich dich vermute. Ich beschleunige meine Schritte. Egal wohin, Hauptsache weg von dir. 

 - to be continued -