ich lass dich im alten jahr

Ich bahne mir einen Weg durch die engen Gänge der Halle nach draußen, die Luft ist stickig, der dichte Rauch versperrt mir die Sicht, nimmt mir die Luft zum Atmen. Es stinkt überall nach Alkohol und Zigaretten, viel zu laute Musik dröhnt aus den Boxen, die überall im Raum verteilt zu sein scheinen. Ich stoße mit ein paar Leuten aus meiner Schule, die ich nur flüchtig kenne, zusammen, niemand scheint auch nur annähernd noch nüchtern zu sein, was dazu führt, dass das auch niemanden außer mir zu stören scheint. Unzählige Angebote eines äußerst fragwürdigen Getränks später, stolpere ich endlich an die frische Luft, lehne mich für einen kurz Moment an die Wand hinter mir und atme tief ein und aus, merke richtig, wie sich meine Lungen dafür bedanken. Wie ich diese Partys, die keine Grenzen kennen, hasse. Ich rapple mich auf und blicke mich suchend nach dir um, kann in der Dunkelheit aber nichts erkennen. Für einen kurzen Moment muss ich mich an der Wand hinter mir abstützen, vor meinen Augen dreht sich alles, ich habe das Gefühl, gleich umzukippen. Der Verdacht, dass in den Getränken, die ich vor nicht allzu langer Zeit einfach achtlos hinuntergekippt habe, vielleicht etwas drin war, was da nicht hineingehört, erschleicht sich mir. "Verdammte Scheiße", murmele ich, presse meine Lippen so stark aufeinander, dass es wehtut. Eine leichte Welle von Panik überkommt mich, ich setze mich schleppend in Bewegung, um dich zu suchen. Dein Lachen klingt anders, ist das erste, was mir durch den Kopf schießt, als ich dich und ein paar andere Jungs, die ich nicht zu kennen scheine, auf dem Holzverschlag hinter der Halle entdecke. Euer Lachen ist viel zu laut, ihr redet wirres Zeug, völlig zusammenhangslos, du betrachtest einen kleinen Dreckklumpen in deiner Hand, als wäre er der Stein der Weisen. "Was machst du da?", frage ich dich, setze mich auf den dreckigen Stein neben dir. Du zuckst zusammen wie ein aufgeschrecktes Tier, ich ziehe eine Augenbraue nach oben. "Schrei nicht so", sagst du nur, deine Stimme klingt unwirklich, fast blechern, als hättest du ein paar Alufolien im Mund. "Ich schreie nicht?", skeptisch mustere ich dich von oben bis unten, du sitzt komisch gebeugt da, ohne Frage vermittelst du den Eindruck, du wärst vollkommen irre. Du zuckst abermals zusammen, "Du. Sollst. Nicht. So. Schreien!", sagst du eigenartig gedehnt, du machst mir regelrecht Angst. Ich will dich gerade fragen, ob du noch alle beieinander hast, als mich der Anblick deiner Augen zusammenfahren lässt. Deine Pupillen sind geweitet, du hast Augenringe, bei denen man annehmen könnte, du hättest seit Tagen nicht geschlafen. "Hast du was genommen?", ich kneife meine Augen zusammen, um dich besser sehen zu können. "Nee", sagst du, es klingt mehr ausgekotzt, als ausgesprochen. Ich erhebe mich und stelle mich vor dich, nehme dir den Dreck aus der Hand und sehe dich ernst an, "Steh auf." "Warum?", du siehst mich an, als wärst du bekloppt, schüttelst den Kopf wie ein kleines Kind. "Weil ich es sage!", mittlerweile schreie ich fast, halte dir meine Hand hin. Du zuckst zusammen, greifst aber nach meiner Hand und stehst auf, musst dich aber an mir abstützen, um überhaupt grade stehen zu können. "Komm mit", ich ziehe dich mit mir, weg von den anderen, die uns nachstarren. "Wo gehen wir hin?", nuschelst du, bevor du anfängst zu singen und zu lachen, als hättest du Peter Lustig gefickt. "Halt die Klappe", fahre ich dich an, ziehe dich weiter in Richtung Halle, halte verzweifelt Ausschau nach Lukas.

Fortsetzung folgt..