#79

Planlos werfe ich irgendwelche Lebensmittel in den viel zu kleinen Einkaufswagen vor mir und schiebe ihn mit einem quietschenden Geräusch weiter. Während ich den Einkaufszettel, wegen dem ich eigentlich hier bin, aus meiner Hosentasche friemle, halte ich Ausschau nach meiner Freundin, welche schon auf mich zu gestöckelt kommt. Mehrere Tüten Chips, Schokolade, Cola, Gummibärchen und Kaugummi landen in den eh schon randvollen Wagen, der nun droht, überzuquellen. "Willst du eine ganze Fußballmannschaft mit durchfüttern?", stöhne ich.  Sie verdreht gekünzelt die Augen, "Das brauchen wir alles. Ich weiß noch nicht mal, ob das reicht." "Sicher", ich verdrehe ebenfalls die Augen. "Schon mal was von praktisch denken gehört?", flötet sie und stöckelt weiter durch die Gänge, um den Wagen mit noch mehr Kram, den wir am Ende wahrscheinlich wegschmeißen werden, vollzustopfen. Im Stillen bemitleide ich mein armes Portmonee, welches nach dem heutigen Tag wahrscheinlich so schnell keine Scheine mehr sehen wird. "Brauchen wir Kondome?", Blondie stupst mich zwinkernd in die Seite, grinst mich alles-sagend an. "Falls du vorhast, dich wieder einmal wie das letzte Flittchen zu benehmen, dann würde ich dir dazu raten", murre ich. Entgeistert sieht sie mich an, fängt sich aber dann wieder. Sie setzt ihr hässliches Lächeln auf und offenbart mir eine Reihe von weißgebleichten Zähnen. "Du bist ja nur neidisch!", quäkt sie und streicht sich eine rotblonde Haarsträhne nach hinten. 'Natürlich bin ich neidisch auf dich, Schätzchen. Ich meine, wer will schon nicht so eine aufgedonnerte, arrogante Zicke mit 10 Tonnen Make-Up in der Fresse sein, an der wahrscheinlich noch nicht mal der Arsch echt ist?!', denke ich mir und lächle sie ebenso gekünzelt an. "Aber sicher doch, Baby", sage ich nur schmunzelnd und wende mich wieder den Einkäufen zu, um damit zu sagen, dass das Thema jetzt abgeschlossen ist. Schnaufend dreht sie sich um und wirft ihr schlecht gefärbtes Haar nach hinten. Ich sehe ihr nach, als sie mit übertriebenem Arschgewackel zu zwei Typen stolziert, die sie anscheinend zu kennen scheint. Gerade als ich eine Flasche Wasser auf den Berg in dem Wagen schmeiße, höre ich, wie sie hinter mir angewackelt kommt. "Daniel und Elias kommen heute Abend auch", betont sie und tauscht sich mit einem der beiden schmierige Blicke aus, grinst ihn verführerisch an. Ich unterdrücke den Würgereiz, der sofort einsetzt und mache mich kommentarlos mit den Einkäufen davon. Ich höre, wie sie sich hastig von den beiden verabschiedet und hinter mir her eilt. "Warte doch mal!" "Nö." "Sei nicht so blöd. Ich will dich nur was fragen." "Schieß los." Mein Blick wandert von ihr zu einer Tafel Schokolade im Regal, die mich magisch anzuziehen scheint. "Kommt Justin?", fragt sie, "Ich meine, habt ihr euch nicht gestritten?" "Wir haben uns nicht gestritten", sage ich tonlos, ohne die Schokolade aus den Augen zu lassen. "Das war keine Antwort." Wie ich diese hässliche Quietsch-Stimme hasse. "Ich weiß."  "Und? Läuft es grade bei euch nicht so? Man hört so einiges", stichelt sie weiter. Ich werfe ihr einen bösen Blick zu, um ihr zu signalisieren, dass sie sich auf gefährlichem Terrain bewegt. Entweder sind meine Blicke nicht eindeutig, oder sie weiß sie geschickt zu ignorieren, denn sie redet unbeirrt weiter, "Mal im Ernst. Wenn es nicht mehr gut läuft, lass ihn fallen. Da hast du was Besseres verdient. Und Kerle gibt es wie Sand am Meer. Und nur weil Justin gut aussieht, heißt es noch lange nicht, dass du mit ihm zusammen bleiben musst." Ich spiele kurz mit dem Gedanken, ihr die Melone in meiner Hand über den Kopf zu ziehen, pule dann aber lieber die Scheine aus meiner Hosentasche und bewege mich in Richtung Kasse. "Hallo?", nörgelt sie, wartet auf eine Antwort. "Hi", gebe ich zurück. "Du bist dumm, Mel. Wir können doch darüber reden." Wer sagt, dass ich darüber reden will? "Joar." "Also?" Ich spüre, wie die Wut in mir hochkommt und funkele sie böse an. "Hör mal zu, Barbie. Ich weiß nicht, was dich, oder sonst irgendjemanden, meine Beziehung angeht. Und ich frage mich wirklich, woher ihr euch das Recht nehmt, eure Mäuler darüber zu zerreißen. Ich glaube, es ist zu meinem, und zu deinem Vorteil, wenn du jetzt erstmal für den Rest des Tages deine Klappe hältst, sonst kann ich für nichts garantieren. Und merk es dir für die Zukunft: Ich habe keine Lust, mir dein dämliches Gerede reinzuziehen. Und komm ja nie wieder auf die Idee, ich würde mit dir über meine Probleme reden wollen. Ich will eigentlich mit dir und deinen Barbie-Freundinnen nichts zu tun haben. Mit deinem scheiß Tussi-Gehabe bist du bei denen richtig, aber bei mir nicht. Geh dir noch ein bisschen mehr Make-Up in die Fresse klatschen, oder schau dich ein bisschen im Spiegel an, aber lass mich bitte in Ruhe, ja?", fahre ich sie an und werfe der dicken Frau an der Kasse einen Fünfziger hin. Während ich mein Restgeld achtlos in die Tasche stopfe, höre ich Miss Plastik neben mir schniefen. Bevor sie noch anfängt zu heulen stoße ich mit dem Fuß gegen den Einkaufswagen und rolle ihn in Richtung Tür. "Was ist denn jetzt?", quiekt sie mir hinterher, "Gehst du schon?" "Gut erkannt, Sherlock", entgegne ich im Gehen und schon zerzaust ein kleiner Windstoß meine Haare, ich atme die frische Luft tief ein.

Schon geil, wie alle denken, sie müssten Hobby-Psychologe spielen.


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Und ich hab die Sperre für die anonymen Kommentare rausgemacht. Wenn jetzt wieder irgendwelche Beleidigungen losgehen, ist sie schneller wieder drinnen, als ihr denkt. Und wenn ihr Kritik zu melden habt, dann bitte nicht Anonym - das nehme ich nämlich nicht ernst.