ich lass dich im alten jahr

"Was soll denn das jetzt bitte?", fragt Lukas und deutet auf dich. Du stehst ungefähr vier widerliche Meter von uns entfernt an der Tür, in deinen Armen hältst du ein Mädchen aus deiner Klasse, dass sich mit einem gekünzelten Kichern an dich drückt. "Macht er jetzt einen auf Arschloch, oder was?" Ich schnaube nur, bin aber unfähig, meinen Blick von dir und diesem schlecht blondierten Mädchen abzuwenden. Ich beobachte jede deiner Bewegungen genau, wie du einen Arm um ihre Hüfte legst, wie du versuchst, unverholfen zurückzulachen, wenn sie einen miesen Witz erzählt, bei dem sich noch nicht einmal die Jungs, die sich um sie herum gescharrt haben, ein Lächeln über die Lippen zwingen können. Es ist vollkommen klar, was du vorhast, aber nicht mit mir, mein Freund. Bemüht, möglichst unbeeindruckt auszusehen, drehe ich deinem kleinen Schauspiel den Rücken zu und sehe Lukas an. "Bitte mach, dass das aufhört. Ich will ihn nicht sehen. Nicht hier, nicht mit ihr", presse ich zwischen den Lippen hervor. Er gibt ein Grummeln von sich, "Beachte das doch gar nicht. Justin will dich nur eifersüchtig machen. Und dann noch mit dieser Schlampe. Warum sie?" "Weil er weiß, dass ich sie hasse", murmele ich, kann nicht anders, als wieder einen Blick in deine Richtung zu werfen. Unsere Blicke treffen sich, und einen Moment bleiben meine Augen an deinem Gesicht kleben. Aber als ich dieses unverhohlene Grinsen und diesen selbstgefälligen Blick in deinen Zügen entdecke, drehe ich mich angewidert weg. "Naja, komm", Lukas legt einen Arm um meine Schultern, "Lassen wir ihn weiter rumhuren. Was er kann, können wir schon lange." Er zieht mich zur Tür, rempelt dich absichtlich an, und drückt mir genau in dem Moment einen Kuss auf die Wange, als du uns verwirrt ansiehst. Volltreffer. Lukas führt mich zur Tür und schiebt mich ins Schulhaus, sein Schmunzeln entgeht mir nicht. Wir machen an der Heizung halt, um deine Reaktion abzuschätzen. Als unsere Blicke sich treffen, beugst du dich zu dem Mädchen, auf dessen Arsch du deine Hand platziert hast, herunter, und flüsterst ihr etwas ins Ohr, drückst sie noch näher an dich. Ein hässliches Quietschen, das wohl ein Lachen darstellen soll, ihrerseits und ihr verschwindet kurzerhand eng umschlungen im Nebengebäude. Ich unterdrücke den Impuls, dir den Mittelfinger hinterher zu zeigen. "Alter, das geht gar nicht", Lukas tritt mit dem Fuß gegen die kotzefarbenen Wände unseres Erdgeschosses und sieht mich unverwandt an, "Soll ich ihm mal die Meinung geigen?" "Lass nur. Ist seine Sache", murre ich. "Dann nicht mehr", er zieht die Luft scharf ein. Ich schenke ihm ein gequältes Lächeln und schiele Richtung Nebengebäude. Danke, Justin, ich liebe dich auch.